Vor mir am Fenster laufen Familien vorbei, die zur Kirche gehen. Hier in Polen sind die Kirchen so voll, dass die Menschen vor der Kirche stehen und via Lautsprecher dem Gottesdienst folgen. Jan Paweł II spielt im Leben der meisten Polen (auch der jungen!) eine sehr wichtige Rolle. Es ist fast unmoeglich den Papstbildern in der Stadt oder in Wohnungen NICHT zu begegnen.
Mein Arbeitsplatz ist natuerlich ein "Papst-freier"-Raum. Ich fuehle mich hier sehr wohl und habe mich in den vergangenen zwei Wochen relativ gut in die juedische Geschichte Oświęcims eingelesen. Neben den (zur Zeit) drei anderen Freiwilligen arbeiten hier auch noch Olla (Buchhaltung), Arthur (Historiker) und Tomesz (Chef). Alle sprechen sehr gut Englisch, was meinem Polnischlernen natuerlich nicht so gut tut. Ausserdem wird das Zentrum 24 h lang von einem Sicherheitsmann ueberwacht. Diese Guards sprechen nur polnisch, sind aber sehr lieb und reden immer darauf los, obwohl sie wissen, das ich nichts verstehe. Einer von ihnen hat mir letzte Woche erzaehlt, dass mein Polnisch doch schon richtig gut ist und ich war nicht mal in der Lage einen polnischen Satz zu sagen, um ihm zu widersprechen. Hoffentlich finde ich bald eine/n PolnischlehrerIn.
Neben dem Sitzen an der Rezeption und dem Einlesen in die Thematik, habe ich noch folgende andere Aufgaben: -->Fuehrungen durch das Museum, die Synagoge und die Stadt (Bis jetzt hatte ich noch keine Gruppen, sondern nur Privatpersonen, da ich noch nicht so lange dabei bin und noch viel lernen muss.); -->alte Buecher saeubern und katalogisieren; -->die Bibliothek ordnen und alle Baende in einer Datenbank erfassen; -->Flyer des Zentrums verteilen
Neben der Arbeit bleibt aber noch genuegend Zeit, um das polnische Leben ein bisschen besser kennen zu lernen. Oft fahre ich nach Kraków (auch dort muessen Flyer verteilt werden) und mit jedem Besuch finde ich neue, tolle Ecken. Zum Beispiel dieses Cafe:
Es ist ganz klein und niedlich (im Vergleich zu den Oświęcimpreisen auch relativ teuer) und man sitzt an alten Naehmaschinentischen.
Beim Verteilen von Flyern im Stadtteil Kazimierz, ist mir dieser Laden (der sich auf israelische Reisegruppen spezialisiert hat) aufgefallen: Es gibt dort nur koshere Lebensmittel, direkt aus Israel importiert.
Sonst habe ich in den letzten zwei Wochen ziemlich viel Zeit damit verbracht, mein Zimmer wohnlicher zu gestalten (siehe meine neuen Bilder "Wohnung"), was gar nicht so einfach war, da ich keine Naegel in die Wand hauen kann und keinen Schlagbohrer kaufen moechte. Aber zum Glueck haengen die Bilder jetzt (vielen Dank noch mal Paul!).
Ich habe auch meine ersten (wahrscheinlich typischen) Erfahrungen mit dem Gasherd und der Waschmaschiene gemacht (Die Leute, die sagen, dass man helle und dunkle Unterwaesche nicht zusammen mit Wollsocken bei 60 Grad waschen soll, haben recht!).
Obwohl ich schon seit dem 21. September hier bin (immerhin fuer nun schon 3 Woche) endecke ich fast jeden Tag ein neues kleines Geschaeft (es gibt z.B. unheimlich viele Second-Hand-Shops), ein huebsches Haus oder eine Kneipe. Trotzdem Oświęcim im Vergleich zu Berlin sehr klein erscheint (42 000 Einwohner), laesst es sich hier gut leben. Die Stadt ist landschaftlich sehr schoen am Fluss Soła gelegen und ist wohl eine typische, polnische Kleinstadt. Leider bin ich bis jetzt noch nicht dazugekommen, das Schwimmbad, die Eishalle oder das Kino anzuschauen. Die Unia-Oświęcim (das Eishockeyteam) spielt in der ersten Liga und ich bin schon sehr gespannt, wie sehr polnisches Eishockey sich von kanadischem unterscheidet.
Meinen ersten Gedenkstaettenbesuch habe ich mit Absicht auf das Ende der ersten Woche gelegt. Ich moechte die Stadt Oświęcim nicht mit dem Konzentrationslager Auschwitz gleichsetzen, dass passiert leider bei zu vielen Besuchern/ Touristen. Zum Glueck habe ich noch viel Zeit um ganz in Ruhe die Ausstellung und das Gelaende Auschwitz-Birkenau zu besuchen. Ich muss nicht, wie manche Touristengruppen, die uns besuchen kommen, den Holocoust in zwei Stunden begreifen, sondern kann mir mehr Zeit nehmen.
In der naechsten Woche werde ich mich mit Marie auf die Suche nach einem Sportverein machen. Dadurch, dass unser Zentrum (fast) nur von Touristen besucht wird und ich viel auf Arbeit bin, ist es gar nicht so einfach polnische Jugendliche kennenzulernen. Ausserdem habe ich zur Zeit ja auch noch die grosse Sprachbarriere, die sich aber hoffentlich bald gibt.
So viel erstmal von mir! Ich geh jetzt was essen (mit meinem neuen Hut)...
Viele liebe Gruesse aus Polen
Na razie!!!!
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